Trennungsangst

Veröffentlicht am 1. November 2025 um 07:33

Trennungsangst in toxischen Beziehungen

Wie sie entsteht, warum sie schwer zu tragen ist und wie man Wege aus der Abhängigkeit findet

Was ist Trennungsangst?

Trennungsangst bezeichnet die intensive Angst vor dem Ende einer Beziehung. In toxischen Beziehungen läuft diese Angst oft überdurchschnittlich stark, weil das Verlassen der Beziehung mit echten oder gefühlten Verlusten, Kontrollverlusten oder schweren negativen Folgen verbunden scheint, also emotionale Abhängigkeit. Betroffene können sich emotional festhalten fühlen, obwohl die Beziehung ihnen schadet. 

Warum entwickelt sich Trennungsangst in toxischen Beziehungen?

  • Abhängigkeit statt Liebe: In vielen toxischen Dynamiken entsteht eine ungesunde Abhängigkeit. Nähe wird gleichgesetzt mit Sicherheit, Trennung mit Gefahr.
  • Gaslighting und Verwirrung: Manipulative Muster, Lügen oder Abwertungen können das Selbstwertgefühl untergraben. Die Angst vor dem Nicht-Gelassenwerden nährt die Trennungsangst.
  • Angst vor Alleinsein: Das Alleinsein wird als Bedrohung erlebt, während der Missbrauch oder das Drama der Beziehung scheinbar Stabilität vorgaukelt.
  • Falsche Belohnungssysteme: Geringe Bestätigung oder sporadische Zuwendung (z. B. Liebesattacken (Love bombing) nach Kontrollmaßnahmen) verankern eine zyklische Dynamik: Angst – Abhängigkeit – Bestrafung – kurze Erholung – erneute Abhängigkeit.
  • Schuldgefühle und Verantwortung: Wer in toxischen Beziehungen bleibt, trägt oft das Gefühl, die Beziehung zu retten oder den Partner zu schützen – das verstärkt die Angst vor dem Ende.

Typische Anzeichen

Übermäßige Sorge, den Partner zu verlieren, auch wenn die Beziehung schädlich ist.

  • Viele rationale Ausreden, warum man bleiben sollte („Er/Sie braucht mich doch“, „Jetzt ist es besser als gar nichts“).
  • Körperliche Warnsignale: Schlafstörungen, Kopfschmerzen, Magenprobleme, dauernde Erregung.
  • Vermeidung von Gesprächen über Trennung oder klare Grenzen.
  • Selbstzweifel, geringes Selbstwertgefühl, Schuldgefühle, wenn man versucht, die Beziehung zu beenden.
  • Angst vor den Konsequenzen einer Trennung (finanziell, sozial, emotional).

Wie wirkt sich Trennungsangst konkret aus?

  • Verstrickung in schädliche Muster: Kontrollen, Einschüchterungen oder Eifersucht können sich verstärken, statt gelindert zu werden.
  • Verzögerte oder vermiedene Entscheidungen: Betroffene bleiben in der Dunkelheit, weil der Schmerz des Unbekannten größer erscheint als der Schmerz des Bekannten.
  • Isolation: Freunde und Familie werden möglicherweise außen vor oder missverstanden, wodurch Unterstützung schwerer zugänglich wird.
  • Verleugnung eigener Bedürfnisse: Eigene Wünsche, Sicherheit und Grenzen treten in den Hintergrund.

Wie man Trennungsangst erkennen und handhaben kann

  1. Selbstreflexion und Grenzsetzung

Führe eine Liste deiner Bedürfnisse, Werte und Grenzen. Was braucht Sicherheit? Was ist dir wichtig in einer Beziehung?

Formuliere klare Grenzen und übe, sie durchzusetzen, auch wenn der Gedanke an Konflikt Angst auslöst.

  1. Sicherheitsplanung

Erstelle einen Plan für die Trennung, falls nötig: finanzielle Absicherung, Unterkunft, Kontaktbeschränkungen, Zugang zu Unterstützung.

Baue ein Unterstützungsnetzwerk auf (Freunde, Familie, TherapeutInnen, Beratungsstellen).

  1. Professionelle Unterstützung

Eine Therapie hilft, traumatische Muster zu erkennen, Selbstwert zu stärken und neue Bewältigungsstrategien zu entwickeln.

Therapien wie kognitive Verhaltenstherapie (KVT) oder EMDR können bei Traumata und Angststörungen unterstützen.

In vielen größeren Städten gibt es Selbsthilfegruppen. Wenn du auf unserer Seite Kontakte - Überregional nichts findest, wende dich an die AWO oder andere Kontaktstellen für Selbsthilfegruppen. 

  1. Praxis der Achtsamkeit und Selbstfürsorge

Rituale für Selbstberührung, Atemübungen, regelmäßige Bewegung und genügend Schlaf reduzieren akute Angstsymptome.

Entwickle eine Notfallstrategie für akute Angstphasen (z. B. 4-7-8 Atemtechnik, kurze Distanz zu belastenden Situationen, Journaling).

  1. Realistische Perspektiven zur Trennung

Nimm dir Zeit, um zu prüfen, ob die Beziehung wirklich eine sichere Grundlage für Veränderung hat oder ob die Dynamik dich weiterhin schädigt.

Erkenne, dass Trennung nicht Verlust, sondern Chance ist: Chance auf Selbstbestimmung, Sicherheit und neue, gesunde Beziehungen.

Wie man nach der Trennung wieder zu sich selbst findet

Selbstwert stärken: Pflege deine Stärken, verfolge Hobbys, baue soziale Kontakte wieder auf.

Grenzen neu lernen: Übe

Überall steht das Gleiche, doch ich suche einen anderen Weg

Ja, überall seht sinngemäß das Gleiche, wenn du nach Wegen da raus suchst. Verstehe es erst einmal so. Niemand wird dich zu einer Trennung zwingen. Kein Therapeut, kein Psychologe, kein Teilnehmer aus einer Selbsthilfegruppe. Ich habe mich gegen eine Trennung entschieden. Habe einen neuen Umgang mit meinem Partner gelernt und kann mich jetzt abgrenzen. Aber auch das war ein langer Weg. Zu der Einsicht zu kommen, sich trennen zu wollen oder nicht, ist in einer toxischen Beziehung ein Prozess.  Wie lange er dauert, hängt davon ab, wie du bist und was deine Prioritäten sind. Wir haben alle  den Knopf gesucht, auf dem man drückt und sich das ganze Leben ändert. Gefunden hat diesen noch keiner. Was dir auf jedem Fall helfen wird, ist die Auseinandersetzung mit anderen. Egal ob Therapeut, Arzt, Selbsthilfegruppe oder ein Pfarrer. Das du das hier zumindest schon mal bis hier her gelesen hast, war dein erster Schritt in dein Leben. 

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