Warum entwickeln Menschen Double-Bind-Kommunikation

Veröffentlicht am 22. Dezember 2025 um 11:32

Autor: Sabine Heller 

Double-Bind-Kommunikation entsteht selten aus böser Absicht. Wissenschaftlich betrachtet ist sie meist das Ergebnis früh erlernter Beziehungsmuster, die unbewusst weitergegeben werden. Menschen kommunizieren so, wie sie selbst gelernt haben, Beziehungen zu gestalten – besonders unter emotionalem Stress.

Der wissenschaftliche Hintergrund – kurz erklärt

Die Kommunikationsforschung (u. a. Gregory Bateson) und die Bindungstheorie zeigen:

Kommunikation ist nicht nur Informationsaustausch, sondern immer auch Beziehungsregulation.

Wenn jemand widersprüchlich kommuniziert, bedeutet das oft:

  • innerlich bestehen zwei gegensätzliche Bedürfnisse gleichzeitig (z. B. Nähe wollen und Nähe fürchten)
  • diese Ambivalenz kann nicht bewusst reflektiert oder ausgesprochen werden
  • stattdessen wird sie auf andere übertragen – durch widersprüchliche Botschaften

Die Person selbst erlebt diese Kommunikation häufig als „normal“.

Die Entstehung in der Kindheit

Double-Bind-Kommunikation entwickelt sich meist früh im Leben.

Kinder, die in einem Umfeld aufwachsen, in dem:

  • Zuneigung an Bedingungen geknüpft ist
  • Worte und Verhalten der Bezugspersonen nicht zusammenpassen
  • Gefühle nicht offen benannt werden dürfen
  • Widerspruch bestraft oder ignoriert wird

Kinder lernen unbewusst:

  •  „Beziehung bedeutet Unsicherheit.“

Sie passen sich an, indem sie gleichzeitig widersprüchliche Signale senden, um Bindung nicht zu gefährden. Dieses Muster wird tief im Nervensystem verankert und später automatisch weitergeführt – oft ohne bewusste Absicht.

Warum diese Muster kaum veränderbar sind

Aus wissenschaftlicher Sicht handelt es sich nicht um ein Kommunikationsproblem im engeren Sinne, sondern um ein strukturelles Bindungsmuster.

Diese Muster:

  • sind früh neurobiologisch verankert
  • laufen unbewusst ab
  • dienen der psychischen Selbstregulation
  • werden vom Betroffenen meist nicht als problematisch erlebt

Ohne tiefgreifende therapeutische Arbeit – und vor allem ohne echte Veränderungsbereitschaft – bleibt das Muster stabil. Einsicht allein reicht nicht aus.

Warum Mitgefühl die Beziehung oft nicht „heilt“

Viele Menschen versuchen, Double-Bind-Beziehungen durch:

  • Verständnis
  • Geduld
  • emotionale Anpassung
  • Selbstreflexion

zu „retten“.

Doch wissenschaftlich betrachtet ist wichtig zu verstehen: Mitgefühl verändert keine dysfunktionalen Bindungsstrukturen.

Selbst mit viel Empathie und Wohlwollen wird sich die Beziehung vermutlich nie normal, sicher oder konsistent entwickeln, weil:

  • der Widerspruch strukturell ist
  • Nähe beim anderen gleichzeitig Sicherheit und Bedrohung auslöst
  • Klarheit unbewusst vermieden wird

Das führt häufig dazu, dass nur eine Seite sich ständig anpasst – auf Kosten der eigenen psychischen Gesundheit.

Auswirkungen auf Kinder mit einem Double-Bind-Elternteil

Kinder, die dauerhaft Double-Bind-Kommunikation erleben, sind besonders verletzlich.

Mögliche Auswirkungen sind:

  • chronische Verunsicherung
  • haben Schwierigkeiten, eigene Gefühle einzuordnen
  • bilden ein geringes Vertrauen in die eigene Wahrnehmung aus
  • erhöhte Angst vor Fehlern
  • übermäßige Anpassung oder Rückzug
  • spätere Probleme in Beziehungen, Bindungsängste und führen später ebenfalls diese Kommunikationsart

Das Kind lernt:

  • „Meine Wahrnehmung ist nicht verlässlich.“
  • „Liebe ist widersprüchlich.“
  • „Ich darf den Widerspruch nicht benennen.“

Diese Erfahrungen können bis ins Erwachsenenalter nachwirken und das eigene Beziehungsverhalten prägen. Sie entwickeln später nur einen geringen Selbstwert und wenig Selbstbewusstsein. 

Selbstschutz und Grenzen – ein zentraler Schritt

Da Double-Bind-Kommunikation meist nicht veränderbar ist, wird Selbstschutz entscheidend.

Wissenschaftlich sinnvoll sind:

  • das Erkennen des Musters (nicht weiter nach der „richtigen Reaktion“ suchen)
  • das Aufgeben des Versuchs, es durch eigenes Verhalten aufzulösen
  • klare innere und äußere Grenzen
  • emotionale Distanz, wo nötig
  • Orientierung an konsistenten, verlässlichen Beziehungen

Grenzen sind hier kein Mangel an Mitgefühl, sondern ein Akt psychischer Gesundheit. Kinder können dies alles nicht! 

Nicht jede Beziehung kann geheilt werden –aber jede Person darf sich schützen.

Fazit

Double-Bind-Kommunikation ist ein tief verwurzeltes Beziehungsmuster, das meist in der Kindheit entsteht und unbewusst weitergeführt wird. Sie ist für Betroffene hoch belastend – besonders gefährdend für Kinder – und lässt sich selten durch Verständnis oder Anpassung auflösen.

Wissenschaftlich betrachtet liegt der Schlüssel nicht in Veränderung des anderen, sondern in Erkennen, Abgrenzen und Selbstfürsorge.

  • Klarheit schützt.
  • Grenzen stabilisieren.

Gesunde Beziehungen fühlen sich nicht widersprüchlich an.

Stellst du fest, dass dein Partner, deine Eltern solche Art der Kommunikation hegen, suche dir Hilfe und Unterstützung. Besonders wichtig, wenn in deiner Paarbeziehung Kinder heranwachsen. 

Ich persönlich empfinde diese Art der Kommunikation als psychische Gewalt, aus der ein Erwachsener ausbrechen kann. Aber Kinder die solcher Kommunikation ständig ausgesetzt sind, erfahren ständig psychische Gewalt, ohne sich derer entziehen zu können und lernen, dass dies normal sei. In einer Partnerschaft kannst du dein Kind davor nicht schützen. Egal wie sehr du dich bemühst. Die Frage, die sich dir dann stellt oder stellen sollte: 

Ist mir mein Partner wichtiger als die Entwicklung bzw. Zukunft meines Kindes? Und nein, sich die Frage zu beantworten oder sich zu entscheiden ist überhaupt nicht einfach. 

Ich selbst bin ein Kind aus so einer Partnerschaft. Da ich es damals nicht verstand, konnte ich meine Kinder davor nicht schützen. Und das bedaure ich zutiefst. 

Was mir heute hilft, das Verständnis und darüber zu schreiben und andere zu unterstützen. Brauchst du Unterstützung? Unsere Selbsthilfegruppe ist für dich da. 

Double-Bind-Kommunikation


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